Egeland spiller Fjeldstad

Egeland spiller Fjeldstad ist Ånon Egelands Hommage an einen seiner wichtigsten Lehrmeister, Sigurd Fjeldstad (1903-1984) aus Tvedestrand. Walzer und Liedmelodien, Reinlender und Reels werden hier so gespielt wie Sigurd es selbst getan hätte: alleine mit der Geige, oder mit minimaler Akkordzitherbegleitung. Ånons Stil ist was Phrasierung und Intonation betrifft dem seines Lehrmeisters sehr ähnlich, doch die Ornamentierung hat einen unverkennbaren „egelandischen“ Stempel, welcher die Aufnahmen persönlich prägt – ein Destillat aus unzähligen Kaffeetassen, guten Geschichten und nicht zuletzt einer Menge eingängiger und eigenartiger Musik.

Wir schreiben den 2. Januar 1977 und ich soll endlich meinen Plan, den Geigenspieler Sigurd Fjeldstad zu besuchen, in die Tat umsetzen. Er wohnt etwas abseits, etwa fünf Kilometer nördlich von Tvedestrands Zentrum. Daher habe ich einen Ortskundigen dabei, meinen guten Freund Jarle Hagane, der in der Nachbarschaft aufgewachsen ist. Wir klopfen an die Tür und ein zart gebauter Mann in seinen 70gern öffnet. Das ist der Mann, den wir treffen wollen. Er stutzt etwas bei dem Anblick zweier junger, unbekannter Männer und fragt zaghaft: „Suchen Sie etwas?“ Als wir antworten, dass wir auf der Suche nach etwas Musik sind, hellt er auf und sofort bekommen wir einen Platz im Wohnzimmer zugewiesen. Es dauert nicht lange bis auch die Geige zum Vorschein kommt.

Die Musik die dann kam war eine Offenbarung: Eine unbekannte Perle folgte der anderen, alle mit Autorität gespielt, in einer Vollkommenheit, die anders war als alles was ich bisher gehört hatte. Und als Ehefrau Ella – nachdem sie für die unerwarteten Gäste Kaffee gekocht und Brote geschmiert hatte – die Akkordzither nahm, wurde die Erfahrung für mich noch prägender: welch ein Zusammenspiel! Dieses harmonische alte Ehepaar hatte sich in der Musik getroffen und stand mit beiden Beinen fest in der Tradition.

Sigurd teilte die Musik großzügig mit allen die interessiert waren. Nach dem ersten Besuch kam ich mit einem halben Dutzend neuer Melodien nach Hause, von denen ich Aufnahmen gemacht hatte.

Eifrig wie ich war, lernte ich diese schnell und nur einen knappen Monat später war ich zurück bei Fjellstad. Kaum dass ich zur Tür hereingekommen war, zeigte ich was ich auf der Geige gelernt hatte. Wir saßen im Wohnzimmer, während Ella in der Küche Kaffee kochte. Als ich fertig gespielt hatte, kamen einige freundliche Kommentare zur Musik aus der Küche heraus – Ella glaubte Sigurd spielen zu hören. Währenddessen saß Sigurd auf einer Holztruhe mit den Händen vorm Gesicht und weinte Freudentränen. Wie ergreifend das auch für mich war, ist schwer auszudrücken. Ein besseres Zeugnis kann man sich wohl kaum wünschen!

Nach diesem Ausflug besuchte ich Fjellstad so oft ich konnte. Der Empfang war stets herzlich, und stets bin ich mit neuen Musikschätzen im Gepäck wieder abgereist. Ich lernte einige wichtige Lektionen über das Zusammenspiel als Zusammensein – oder umgekehrt.

Im Nachhinein erkenne ich, dass meine Erfahrungen mit Fjellstad mir eine Weitsicht gegeben haben, die später sehr wichtig für mich wurde, als ich meinen eigenen Weg als Musiker und als Pädagoge finden musste. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass meine Karrierewahl ohne den Einfluss von Fjellstad ähnlich ausgefallen wäre.

Dieses Album wurde in Dankbarkeit für die Wärme die mir begegnet ist, für alle Kaffeetassen, Brote und Kuchenstücke und nicht zuletzt für das einzigartige Musikerbe dessen ich Miteigentümer wurde, aufgenommen.

Großes Dankeschön!

Ånon Egeland


  1. Hambo etter Kniut og Karl Ramleth
  2. Firskillingen
  3. Modumvalsen
  4. Gymnastikken
  5. Verkensvalsen
  6. Reinlender etter Harry Noddeland
  7. Espelands hambo
  8. Tveitesmedens vals
  9. Ola Dyrmyrs ril
  10. Tor Lauvlands reinlender
  11. Vals etter Tor Lauvland
  12. Toskillingen
  13. Skjerkholtvalsen
  14. Bedehusvise
  15. Tor Halvorsens vals
  16. Våjevisa
  17. Vals etter Peder Lia
  18. Hjuringen på Simonstad
  19. Langmyrrilen
  20. Se her har du hallingen


Ånon Egeland

Ånon Egeland hat seine Tradition von legendären Folkgeigern aus Agder und ist bestens bekannt als Vermittler dieses musikalischen Erbes. Ånon hat einen sehr persönlichen Spielstil, der fest in der Tradition verankert ist, und verfügt über ein großes Repertoire selten gespielter Tunes. Seit er 1977 auf einer LP debütierte, ist er auf einem Dutzend Alben mit den besten Traditionsmusikern in Skandinavien dabei und hat seine Musik in 22 Ländern auf vier Kontinenten verbreitet. Seit 1988 arbeitet er als Vollzeitlehrer im Bereich der Traditionsmusik und unterrichtet seit 1999 am Institut für traditionelle Musik und traditionelle Kunst in Rauland – ein Standort der ’Hochschule in Südost-Norwegen’.